Papst Franziskus hat zum Jahresbeginn die Menschen dazu aufgerufen, mitzubauen an einer gerechteren und brüderlicheren Welt. In seiner Predigt beim Neujahrsgottesdienst im Petersdom in Rom mahnte er, „die Gleichgültigkeit zu überwinden, die die Solidarität vereitelt, und aus der falschen Neutralität herauszutreten, die das Miteinander-Teilen behindert“. Der 1. Januar wird seit 1968 in der katholischen Kirche als Weltfriedenstag begangen. Franziskus griff damit das Thema seiner Botschaft zum Weltfriedenstag auf. Die hatte das katholische Kirchenoberhaupt in diesem Jahr unter das Motto gestellt: „Überwinde die Gleichgültigkeit und erringe den Frieden“. Beim Angelus lieferte Franziskus gleichsam eine Begründung für das Thema: „Der Feind des Friedens ist nicht nur der Krieg, sondern auch die Gleichgültigkeit, die uns nur an uns selbst denken lässt und Barrieren, Argwohn, Ängste und ein In-sich-Verschließen schafft.“ 2016 beginnt mit dem Friedensappell also ganz traditionell im Vatikan. Franziskus will im Verlauf des Jahres einige Akzente setzen, etwa mit seinem Besuch an der Grenze zwischen Mexiko und den USA Mitte Februar. Das wird allerdings nicht die einzige Reise des Papstes in diesem Jahr sein. Der Terminkalender füllt sich langsam.
Das Gute gewinnt immer
Zum Jahresabschluss machte der Papst gestern beim traditionellen Te Deum den Menschen Mut. Auch wenn das zu Ende gegangene Jahr von Gewalt, Krieg, Terror und Flucht geprägt gewesen sei, dürfe man nicht vergessen, dass das Gute immer gewinne, so Franziskus. „Wir können nicht vergessen, dass viele Tage von Gewalt geprägt waren, von Tod, von unglaublichem Leid vieler Unschuldiger, der Flüchtlinge, die gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen“, sagte Franziskus. „Trotzdem haben viele große Gesten der Gutmütigkeit, der Liebe und der Solidarität die Tage in diesem Jahr erfüllt.“ Auch wenn diese nicht in die Fernsehnachrichten gekommen seien, so Franziskus. Das Kirchenoberhaupt zeigte sich überzeugt: „Das Gute gewinnt immer, auch wenn es in einigen Momenten schwächer und versteckt erscheinen kann.“ Und er forderte zur eigenen Gewissenserforschung auf: „Wir sind aufgerufen, zu überprüfen, ob die Ereignisse in der Welt den Willen Gottes verwirklicht haben, oder ob wir vor allem den menschlichen Projekten Gehör geschenkt haben, die oft von privaten Interessen und dem unstillbaren Durst nach Macht und Gewalt geleitet werden.“ Kritisch äußerte er sich mit Blick auf seine Bischofsstadt Rom, die im vergangenen Jahr von schweren Skandalen gebeutelt worden war wie den Stadt-Mafia-Skandal und den Rücktritt des Bürgermeisters. Es sei Engagement nötig, „um die Kernwerte von Ehrlichkeit und Solidarität zurückzugewinnen“.
Arbeitsreiches 2016
Für 2016 füllt sich bereits der Terminkalender von Papst Franziskus. Am 17. Januar wird er die römische Synagoge besuchen. Wenige Tage zuvor, am 12. Januar, wird das erste Interviewbuch des Papstes vorgestellt. Es trägt den Titel „Der Name Gottes ist Barmherzigkeit“. Der italienische Vatikanist Andrea Tornielli hatte im vergangenen Sommer mit Papst Franziskus über die zentrale Kategorie seines Pontifikats gesprochen. Franziskus wirft dem Vernehmen nach einen Blick auf Glaube, Kirche und Welt durch die Brille der „Barmherzigkeit“.
Noch vor Ostern soll das nachsynodale Schreiben zur Familiensynode erscheinen. Das wäre Rekordzeit, brauchten solche Dokumente früher doch immer ein knappes Jahr. Wie zu hören ist, soll bereits in wenigen Tagen eine erste Version des Papiers vorliegen. Darin wird auch die Frage nach dem Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene zu einem guten Ende kommen; auch wenn es keine generelle Zulassung geben wird. Das Dokument könnte das Datum des 19. März tragen, dem Gedenktag des heiligen Josef, und damit eine Anbindung an die Heilige Familie haben. Allerdings ist das der Samstag vor Palmsonntag in diesem Jahr. Ob Franziskus so kurz vor der Heiligen Woche ein so wichtiges Dokument veröffentlichen will, bleibt abzuwarten. Entscheidend wird auch sein, wie die Übersetzungsarbeit vorankommt.
Synodalität und Papstreisen
Für Februar steht die nächste Sitzung des Kardinalsrats K9 an. Thema der Beratungen soll die Dezentralisierung sein. Der Sekretär des Synodensekretariats, Kardinal Lorenzo Baldisseri, hatte zum Jahresende angekündigt, dass es im Februar dazu auch ein Expertentreffen geben soll. Ekklesiologen und Kirchenrechtler sollen über Synodalität in der katholischen Kirche beraten. Dabei soll es auch darum gehen, welche Kompetenzen etwa auf die Ebene der Bischofskonferenzen verlagert werden können. Dabei wird es dann auch darum gehen müssen, wie die unterschiedlichen Möglichkeiten, die die einzelnen Bischofskonferenzen haben, dabei berücksichtigt werden können. Denn in vielen Teilen der Welt sind die Strukturen nicht so gut ausgeprägt, wie in Europa und vor allem im deutschsprachigen Raum.
Direkt nach der K9 wird Franziskus zu seiner ersten Auslandsreise starten. Sie führt ihn vom 12. bis 18. Februar nach Mexiko. Es ist die 12. Auslandsreise von Franziskus und bereits die vierte, die ihn nach Amerika führt. Blickt man in den päpstlichen Terminkalender für 2016 zeichnen sich zum Jahreswechsel doch langsam wieder eine ganze Reihe von Auslandsreisen ab. Außer der Mexikoreise ist bisher nur die Reise zum Weltjugendtag Ende Juli nach Krakau bestätigt. Allerdings sind im Terminkalender allein für das 1. Halbjahr 2016 noch zwei weitere Termine für Reisen freigehalten. So ist für das Wochenende des 22. Mai eine Reise geplant, voraussichtlich ein Europatrip mit einer Station in Armenien, sowie für die Tage rund um den 22. bis 26. Juni, voraussichtlich für eine weitere Interkontinentalreise. Im Herbst dürfte es dann noch eine weitere Auslandsreise geben.
Heilige der Herzen wird offiziell Heilige
Für den Herbst steht die Heiligsprechung von Mutter Teresa an. Sie dürfte am 4. September, einen Tag vor dem Sterbetag der Ordensfrau in Rom stattfinden. An diesem Wochenende findet im Rahmen des Außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit die Jubiläumsfeier für alle diejenigen statt, die haupt- oder ehrenamtlich im sozialen Bereich tätig sind. Es dürfte der heimliche Höhepunkt des Heiligen Jahres sein – zumindest nach dem, was bisher über den Verlauf des Jubiläums bekannt ist.
Daneben wird es darum gehen, die Reformen der Kurie voranzubringen, auch die angestoßenen Reformen im Bereich der Finanzen und der Medien. Hier gibt es noch heftige Widerstände, wie nicht zuletzt der neue Vatileaks-Skandal gezeigt hat. Über die Probleme im Bereich der Medienreform wird wenig bekannt. Mir scheint aber, dass der neue Präfekt des Sekretariats für Kommunikation, Monsignore Dario Edoardo Viganò, nicht mit sehr viel Feingefühl bei seiner Reformarbeit vorgeht und damit noch größere Vorbehalte gegen die Veränderungen hervorgerufen hat, als sie bei vatikanischen Reformprozessen sowieso schon vorhanden sind. Es wird sehr spannend, was sich in diesem Bereich 2016 alles bewegen wird. Immerhin hat der Papst mit Greg Burke einen Laien zum stellvertretenden Leiter des Vatikanischen Presseamts und damit stellvertretenden Pressesprecher des Vatikans gemacht. Der 55-jährige US-Amerikaner tritt sein Amt am 1. Februar an, wenn der langjährige zweite Mann des Pressamts, Pater Ciro Benedettini, in den Ruhestand tritt. Burke war lange Jahre als Journalist tätig, unter anderem für das Time Magazin und Fox News. Er gehört dem Opus Dei an und arbeitete seit 2012 im vatikanischen Staatssekretariat als Medienberater.
Besucherzahlen halbiert
2015 haben 3,21 Millionen Menschen an Veranstaltungen des Papstes im Vatikan teilgenommen. Damit hat sich die Zahl der Besucher gegenüber 2014 nahezu halbiert. Damals hatte der Vatikan 5,92 Millionen Teilnehmer bei Audienzen, Liturgien und dem sonntäglichen Mittagsgebet gezählt. 2015 nahmen an den 42 Generalaudienzen insgesamt 704.000 Menschen teil, das sind im Schnitt 16.700 Teilnehmer. Im Jahr davor waren bei den 43 Generalaudienzen noch knapp 1,2 Millionen Menschen dabei, im Schnitt also 27.900. Im vergangenen Jahr zählte die Präfektur des Päpstlichen Hauses für die Spezialaudienzen 408.760 (2014: 567.100), für die Gottesdienste 513.000 (2014: 1,11 Mio) und für das Angelusgebet 1.585.000 (3,04 Mio) Teilnehmer. Franziskus nähert sich damit den Teilnehmerzahlen von Papst Benedikt XVI. an. Zu dessen öffentlichen Veranstaltungen kamen 2012 insgesamt 2,35 Millionen Pilger und Touristen. 2009: 2,24 Mio; 2008: 2,22 Mio; 2007: 2,83 Mio; 2006: 3,22 Mio; 2005 zwischen April und Dezember: 2,86 Mio.
P.S. Wir wünschen allen Lesern alles Gute für 2016.