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Benedikt XVI.: Rücktritt war Pflicht

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Benedikt XVI. meldet sich zurück. In einem Interview erklärte er jetzt, dass ihm der Rücktritt vom Amt des Papstes „als Pflicht“ erschienen sei. 2013 habe es eine Reihe von Aufgaben gegeben, „von denen ich überzeugt war, dass ich sie nicht zu Ende führen kann“. Als ein Beispiel nannte er den für Juli 2013 geplanten Weltjugendtag in Rio de Janeiro. Eine Interkontinentalreise habe er nicht mehr machen können; ein Weltjugendtag ohne Papst sei aber undenkbar. „Das war ein weiterer Umstand, weshalb ich den Rücktritt als meine Pflicht angesehen habe“, so Benedikt XVI. Das Interview ist Teil einer neuen Biografie über Joseph Ratzinger/Benedikt XVI., die kommende Woche in Italien erscheint. Papst Franziskus dankte in einem Vorwort zu dem Buch dem emeritierten Papst für seine Unterstützung. „Seine unaufdringliche Präsenz und seine Gebete für die Kirche geben mir Halt und Trost bei meinem Dienst“, so der amtierende Papst. Das Interview für die in Italien erscheinende Biografie ist nicht das einzige, das in diesen Tagen veröffentlicht wird. Am 9. September kommt weltweit ein neues Interviewbuch mit Benedikt XVI. auf den Markt. Unter dem Titel „Letzte Gespräche“ veröffentlicht Peter Seewald einen neuen Band mit Gesprächen, die nach dem Rücktritt geführt wurden.

Freundliche Worte und klare Botschaften - Benedikt XVI. und Franziskus bei ihrer letzten Begegenung in der Öffentlichkeit am 28. Juni 2016. Private Kontakte gibt es regelmäßig, erzählt Benedikt XVI. in seinem aktuellen Interview. (Quelle: reuters)

Freundliche Worte und klare Botschaften – Benedikt XVI. und Franziskus bei ihrer bisher letzten öffentlichen Begegenung am 28. Juni 2016. Private Kontakte gibt es regelmäßig, erzählt Benedikt XVI. in dem aktuellen Interview. (Quelle: reuters)

Knackpunkt Weltjugendtag

Die Papstreise nach Mexiko und Kuba im März 2012 hat Benedikt XVI. seine physischen Grenzen aufgezeigt. So schildert er es in dem Interview, das jetzt in Italien veröffentlicht wurde. Zugleich sei ihm aber auch klar gewesen, dass ein Weltjugendtag, in der Form wie Johannes Paul II. die Veranstaltung geprägt habe, ohne physische Präsenz des Papstes nicht möglich sei. Eine Videoverbindung wäre ebenfalls keine Lösung gewesen, erklärt Benedikt XVI. So habe er sich nach der Mexiko-Kuba-Reise mit seinem Arzt beraten. Das Ergebnis: eine Interkontinentalreise werde er nicht mehr machen und damit auch nicht am Weltjugendtag im Juli 2013 in Rio de Janeiro teilnehmen können. „Von da ab musste ich mich in einer relativ kurzen Zeit entscheiden, wann ich zurücktrete.“

Benedikt erzählt, dass er sich von Beginn seines Pontifikats an seiner Grenzen bewusst gewesen sei und diese akzeptiert habe. Von Anfang an sei ihm klar gewesen, dass er alles, was er tun musste, nicht alleine werde tun können. Er habe sich deshalb in die Hände Gottes geben müssen. So sei es ihm auch nicht schwer gefallen, seine am Tag der Wahl erhaltene Aufgabe später in die Hände des Herrn zurückzugeben. Er habe während seiner Amtszeit, aber auch jetzt nach dem Rücktritt, viel Unterstützung erfahren. Der emeritierte Papst spricht zwar von „mehr oder weniger großen Schwierigkeiten“ in seinem Pontifikat, geht darauf in dem aktuellen Interview aber nicht näher ein. Nach Ankündigung des Verlags des Seewald-Buches soll das in der im September erscheinenden Publikation anders sein. Demnach äußere sich Benedikt XVI. „über die Hintergründe seiner überraschenden Demission“ sowie auch „über kontroverse Themen seiner Amtszeit, etwa das Verhältnis zu Juden und Muslimen, Vatileaks oder die Affäre um die Piusbruderschaft“.

Gehorsam gegenüber Nachfolger

In dem aktuellen Interview spricht Benedikt XVI. auch über seinen Nachfolger. „Der Gehorsam gegenüber meinem Nachfolger stand nie zur Diskussion“, so der emeritierte Papst. Gegenüber Franziskus empfinde er „ein Gefühl tiefer Gemeinschaft und Freundschaft“. Er spricht von einer „wunderbaren väterlich-brüderlichen Beziehung“. Der amtierende Papst schreibt in seinem Vorwort zu der Biografie: „In allen Begegnungen konnte ich nicht nur Ehrfurcht und Gehorsam erfahren, sondern auch eine herzliche spirituelle Nähe, die Freude des gemeinsamen Gebets, ehrliche Brüderlichkeit, Verständnis und Freundschaft sowie die Bereitschaft zur Beratung.“ Die Tatsache, dass es einen emeritierten Papst gebe, verdeutliche eindrücklich die „Kontinuität des Petrusamtes, ohne Unterbrechung“. Die Kirche müsse Benedikt XVI. dankbar sein, so Franziskus, „für die Tiefe und Ausgeglichenheit seines theologischen Denkens“, das er im Dienst der Kirche immer gelebt habe. Franziskus lobt: „Der Mut und die Bestimmtheit, mit der er schwierigen Situationen begegnet ist, haben den Weg vorgegeben, um in Demut und Wahrheit zu antworten in einem Geist der Erneuerung und der Reinigung.“

Zwei Anmerkungen zu den aktuellen Aussagen der Päpste. Das Interview von Benedikt XVI. zeigt einmal mehr, dass er in Bezug auf seinen Rücktritt mit sich im Reinen ist, während so mancher Ratzinger-Anhänger immer noch damit hadert. In seinem Verständnis von Gott und Welt, getragen von einem tiefen Glauben, ist der Schritt konsequent und legitim. Interessant ist, dass beide, Benedikt XVI. und Franziskus das Thema „Gehorsam“ ansprechen. Das ist ein klares Signal an diejenigen, die immer wieder die beiden Päpste gegeneinander auszuspielen versuchen. Franziskus geht noch einen Schritt weiter. In seinem Vorwort für die Benedikt-Biografie greift er einen Gedanken auf, den sein Vorgänger im März in einem schriftlichen Text geäußert hatte: „Für mich [Benedikt XVI.] ist es ein Zeichen der Zeit, dass die Idee der Barmherzigkeit Gottes immer zentraler und dominierender wird.“ Die Worte von Benedikt XVI. zeigten „einmal mehr sehr deutlich, dass die barmherzige Liebe Gottes das tiefe einigende Band der letzten Pontifikate“ sei, stellt Franziskus jetzt in dem Vorwort fest. Die Botschaft, die Franziskus vermitteln will, ist klar: Kontinuität.


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