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Papst wirbt für Ökumene

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Am ersten Tag seines Besuchs in Bulgarien hat Papst Franziskus am Sonntag eindringlich für das Miteinander der christlichen Kirchen geworben. Der „Ökumene des Blutes“ des vergangenen Jahrhunderts müsse eine „Ökumene der Armen“ und eine „Ökumene der Mission“ folgen, so das katholische Kirchenoberhaupt bei der Begegnung mit dem bulgarisch-orthodoxen Patriarchen Neofit und dem Heiligen Synod in Sofia. Der Patriarch würdigte den Einsatz des Papstes für die christlichen Wurzeln Europas und für die verfolgten Christen. Zugleich machte er aber deutlich, dass seine Kirche keine Kompromisse in Glaubensfragen machen werde. Ein gemeinsames Gebet zwischen den beiden Delegationen lehnten die Vertreter der bulgarischen Kirche bereits im Vorfeld ab. So saß Franziskus später alleine in der orthodoxen Kathedrale beim Gebet vor dem Thron der Slawenapostel Kyrill und Methodius.

Papst Franziskus muss alleine in der orthodoxen Kathedrale in Sofia beten. (Quelle: dpa)

Bulgarien „Schuld“ an Ökumenehaltung der katholischen Kirche

Franziskus setzt sich seit seiner Wahl für eine Kultur der Begegnung und des Dialogs ein. In diesem Sinn wirbt er in Sofia für die Ökumene. Er sei überzeugt, so der Papst bei der Begegnung mit den orthodoxen Kirchenvertretern, dass die christlichen Märtyrer des vergangenen Jahrhunderts, die verschiedenen Konfessionen angehörten, „die durch die göttliche Liebe im Himmel vereint sind, jetzt auf uns blicken, wie auf Samen, die in den Boden gepflanzt werden, damit sie Früchte hervorbringen. Und während viele andere Brüder und Schwestern in der Welt weiterhin wegen ihres Glauben leiden, bitten sie uns, nicht verschlossen zu bleiben, sondern uns zu öffnen, denn nur so bringen die Samen Früchte“.

Später wird er beim Mittagsgebet sogar soweit gehen, die Wurzeln der ökumenischen Impulse, die vom II. Vatikanischen Konzil ausgegangen sind, nach Bulgarien zu verlegen. Denn hier habe Johannes XXIII. „die Tradition der Ostkirche schätzen gelernt und freundschaftliche Beziehungen mit den anderen religiösen Bekenntnissen aufgenommen“. Seine diplomatische und pastorale Erfahrung in Bulgarien habe eine so starke Spur bei Johannes XXIII. hinterlassen, „dass er begann, in der Kirche die Perspektive des ökumenischen Dialogs zu fördern“. „Auf gewisse Weise müssen wir diesem Land für die weise und inspirierende Intuition des ‚guten Papstes‘ danken“, so Franziskus. Kyrill und Methodius, die sowohl in der ostkirchlichen als auch in der westkirchlichen Tradition verehrt werden, stellte er als Beispiel für die „Ökumene der Mission“ heraus. Denn „Mission und Gemeinschaft“ seien „zwei Worte, die im Leben der beiden Heiligen vielfachen Ausdruck fanden und die unseren Weg eines Wachstums in der Brüderlichkeit erleuchten können“.

Papst macht katholischer Minderheit Mut

Nach der Ankunft in Sofia sprach Franziskus beim Treffen mit Vertretern aus Politik und Gesellschaft eine Reihe kritischer Themen an. Er erinnerte, dass in den vergangenen Jahren rund zwei Millionen Bulgaren ihre Heimat verlassen haben, weil sie keine Zukunft mehr sahen. Er ermutigte die Regierenden, „die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass insbesondere junge Menschen nicht zur Auswanderung gezwungen sind“, sondern ein „menschenwürdiges Leben“ in ihrer Heimat führen können. Zugleich dürfe sich das Land nicht gegenüber denen verschließen, „die an Ihre Türen klopfen“, mahnte Franziskus. Bulgarien möge auch künftig eine Brücke zwischen Ost und West sein, so der Papst.

Beim Gottesdienst mit der katholischen Minderheit warnte Franziskus am Nachmittag davor, einer „Nostalgie der Vergangenheit“ anzuhängen. Vielmehr sollten sich die Gläubigen Gott öffnen, der überrasche. „Es ist der Herr der Überraschungen, der die lähmenden Verhärtungen löst und Mut gibt, Verdacht, Misstrauen und Angst zu überwinden, welche sich hinter der Haltung ‚Das-haben-wir-immer-so-gemacht‘ verstecken.“ Franziskus will mit seiner Reise der Ökumene einen neuen Impuls geben, aber eben auch die kleine katholische Minderheit ermutigen, sich selbstbewusst den neuen Herausforderungen zu stellen. „Bei der Erfahrung von Scheitern, Leid und sogar nur von der Tatsache, dass die Dinge nicht so sind, wie man erhofft hatte, besteht immer eine subtile, gefährliche Versuchung zur Entmutigung und zur Antriebslosigkeit.“ Dem will er entgegenwirken mit seiner Botschaft eines Gottes, der immer wieder zum Neuanfang und Neuaufbruch motivieren will und dazu, Neues zu wagen.

Papst träumt vom gemeinsamen Mahl

Mut beweist Franziskus an diesem Tag. Die Reserviertheit der lokalen Orthodoxie gegenüber der Ökumene ist bekannt. Dennoch spricht er gleich am Ende des ersten Absatzes seiner Rede beim Treffen mit den orthodoxen Kirchenführern von der Abendmahlsgemeinschaft. Er beklagt zunächst die Wunden, „die sich im Laufe der Geschichte unter uns Christen geöffnet haben“ und die bis heute „mit Händen zu greifen“ seien. „Aber wenn wir gemeinsam unsere Hände in diese Wunden legen und bekennen, dass Jesus auferstanden ist, und wenn wir ihn als unseren Herrn und unseren Gott verkünden, wenn wir unsere Fehler erkennen und so in seine Wunden der Liebe eintauchen, können wir vielleicht die Freude der Vergebung wiederentdecken und den Tag im Voraus verkosten, an dem wir mit Gottes Hilfe das Ostergeheimnis am selben Altar feiern können.“

Damit ist klar, wo Franziskus hinmöchte – über die Ökumene des Blutes, der Armen und der Mission zur Mahlgemeinschaft. Angesichts der großen Herausforderungen, vor denen die Welt heute steht, dürfen die Christen sich nicht im theologischen Kleinklein verlieren. Davon ist dieser Papst überzeugt. Das schmerzt die Theologen in der eigenen Kirche und ist eine Herausforderungen für die Kirchenvertreter, die sich der Ökumene verschließen. Franziskus lässt sich dadurch aber nicht beirren.


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